Diagramm 1: (Stellung nach 21…Te7 ?)
In der folgenden Partie Cors-
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(Oben: Bewertungsprofil der Partie)
Mit 22.Dh3 begann der Abwärtstrend bis zum 29. Zug, mit dem der Trend noch hätte ‚geheilt’ werden können.
Und so hätte die Partie verlaufen können, falls Weiß im 29. Zug mit 29.Txa1 fortgesetzt
hätte.
(Unten: Bewertungsprofil „Trendumkehr“, keine weiteren Fehler vorausgesetzt)
Wie funktioniert eine gute Stellungsanalyse ? 28.12.2014
Es ist auch schon mir passiert (!), dass ich nach einer erfolgreichen Eröffnungsphase
eine vielversprechende Stellung für das beginnende Mittelspiel erhalten habe. Damit
beginnt gewissermaßen ein positiver Stress, die in der Stellung liegenden Chancen
zu verwerten.
Üblicherweise beginnt man mit einer Stellungsanalyse und versucht, die vielversprechendsten Merkmale aufzulisten, zu strukturieren und zu priorisieren. Dies ist umso schwieriger, je komplexer eine Stellung ist. Die Stufen einer allgemeinen Stellungsanalyse sind bekannt und man durchläuft möglicherweise gedanklich diese Punkte:
1. Materielles Kräfteverhältnis
2. Vohandensein unmittelbarer Drohungen
3. Lage der Könige (ihre Gefährdung)
4. Beherrschung offener Linien
5. Bauernstruktur, schwache und starke Felder
6. Zentrum und Raum
7. Entwicklung und Anordnung der Figuren
8. Potentielle Stellungsmerkmale (Statik/Dynamik)
Aber wie soll man diese Merkmale bzw. Die Ergebnisse ihrer Beurteilung in einen praktischen
Plan umsetzen ? Vielfach fängt man doch an, konkrete Züge zu berechnen bevor man
eine allgemeine Beurteilung abschliesst. Davor sei natürlich gewarnt aber auf der
anderen Seite bleibt am Brett häufig wenig Zeit, solche theoretischen Ansätze durchzuführen.
Ein ganz anderer Aspekt ist außerdem die subjektive Beurteilung, die Bereitschaft,
sich passiv oder aktiv zu verhalten, kurzum: Gefühl und Einstellung zur Partie.
Außerdem mag die Reihenfolge der Analyse eine Rolle spielen: bewerte ich zuerst die eigenen Stärken, dann erst meine Schwachpunkte und vor allem wie gleiche ich Defizite und Chancen mit denen des Gegners ab ?
In meiner Partie Cors-
Dies war die kritische Stellung nach dem Rückzug 17…Scd7, deren Einschätzung mir im Spiel nicht gelang. Ich war subjektiv der Meinung, großen Vorteil zu besitzen, der sich bei aktivem weißen Spiel zwangsläufig in eine Gewinnstellung umwandeln sollte.
Eine längere Analyse zeigt folgende Merkmale:
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für ihn wäre die Aufstellung g6/Lg7.
Fazit: Eine komplexe Mittelspielstellung mit guten weißen Vorteilen, die aber erst noch gesichert werden müssen. Ein falsches Vorgehen würde die Lage möglicherweise umkehren.
Damit bieten sich folgende Pläne an:
a) sofortiger Königsangriff mittels g4/h4/g5
b) Königsangriff mit Dame und Turm mittels Sh2/Te2/g3 Dd1-
c) Abtausch eines Verteidigers mittels Sf3-
d) Aufbau am Damenflügel mittels Ba2-
e) ruhiges Lavieren, stützen des Bd5 und Beibehalten des Bb4, um dem schwarzen Springer das Feld c5 zu verweigern.
Und möglicherweise gibt es noch andere Pläne, die irgendwo dazwischen liegen. Ein ‚schachliches Schwergewicht’ aus meinem Schachverein hat mir folgende Einschätzung gegeben:
„..mir gefällt 18.a3 noch besser. … damit konserviert Weiß seinen großen Raumvorteil,
indem er den Bauern auf b4 sichert und verleiht dem beschriebenen Plan mit Sh2 weitere
Kraft. Das mag ein bisschen vom persönlichen Geschmack beeinflusst sein (ich mag
es nicht, wenn meine Gegner ohne Not Gegenspiel erhalten), ist aber sicher kein schlechter
Plan. Bei der Verwertung solcher Stellungen gibt es aber naturgemäß ein Problem,
das gerade in der Praxis oft Probleme bereitet. Um etwas zu erreichen, muss Weiß
früher oder später voran gehen und hinterlässt dabei schwache Felder in der eigenen
Position, die als Quelle von Gegenspiel dienen können. Außerdem sind übermäßige Abtäusche
der Figuren (was ja auch unvermeidbar ist bei so einem Angriff) ebenso hinterlistig
wie gefährlich, denn bei zu wenigen Figuren wandelt sich ein Raumvorteil in einen
Nachteil der Kapazität. Gemeint ist: Bei sehr vielen Figuren auf dem Brett ist Raumvorteil
gut, bei sehr wenigen reichen die Figuren oft nicht mehr, um alle Bauern/König/schwache
Felder zu schützen.“
Der Versuch, die Stellung mit Hilfe des Computers zu lösen, gibt natürlich wesentliche
Hinweise und vor allem taktisch gesicherte Abspiele. Aber man sollte in erster Linie
seinem eigenen urteil trauen und -
In der folgenden Partieliste können Sie sowohl die Berechnungen von DF12 wie auch meine Partie nachverfolgen, wie sie gespielt wurde: Theorie&Praxis: Beispiel01:
Daraus folgt, dass ein Stellungsvorteil manchmal viel schwieriger zu realisieren
ist als man oberflächlich und subjektiv glaubt. Setzt man die Axt am falschen Ende
an, kann man schon einmal auf die „Schiefe Ebene“ kommen und versteht dann gar nicht,
warum.
Die „Schiefe Ebene“ im Schach -
Auf 58.axb3! wäre auch die Antwort 58…Tb4 (drohend Tb3+ mit Springergewinn) nach 59.Tc2 für einen Gewinn nicht ausreichend gewesen, obwohl Schwarz nach 59…Txb3+ 60.Ke2 durch seinen permanenten Angriff auf den Bb2 risikolos auf Gewinn spielen könnte. Allerdings stehen ihm kaum noch Angriffsmarken zur Verfügung.
Fazit: Ohne eine konkrete Berechnung lassen sich komplizierte Positionen nicht wirklich erfolgreich behandeln. Zu groß ist die Gefahr, Nebenvarianten zu übersehen und damit die „Wahrheit“ einer Stellung nicht zu verstehen.
„Schach sehen“ vs „Schach berechnen“
In meiner Partie gegen IM Roos, JL geriet ich ab dem 50. Zug immer mehr in Verlegenheit und sah mich gezwungen, meine Züge in hoher Zeitnot herunter zu blitzen. Damit achtete ich nur noch auf taktische Drohungen, für das Berechnen konkreter Spielzüge geschweige denn mittelfristiger Pläne hatte ich keine Zeit mehr. Es ging also darum, Drohungen und Paraden zu „sehen“, nicht sie zu berechnen.
Diagramm 2: (Stellung nach dem möglichen Zug 22. Sf5 !!)
Im Diagramm 1 hätte Weiß mit einem schönen Zug sofort auf die Gewinnerstraße einbiegen können.
22. Sf5 !!
Die grünen Pfeile zeigen die Primär-
Das Übersehen eines quasi Gewinnzuges leitet hier also den Abwärtstrend ein. Möglicherweise war mir unbewusst klar, dass es anstelle von 22.Dh3 einen besseren Zug geben musste. In der Folge hing ich dann möglicherweise dieser vergebenen Chance nach, anstatt mich um die Umkehrung des Abwärtstrends zu kümmern.
HIER kann die Partie ab Diagramm 1 nachgespielt werden.
(Der Artikel „Schiefe Ebene im Schach“ wird fortgesetzt -